26. Oktober - 12. November 2018 (Text 2)

8 november 2018 - Valparaíso, Chili

Hallo Ihr Lieben,

viel Zeit ist schon wieder vorbei seit meinem letzten Blog, und es bleibt mir nicht mehr viel Zeit, und dann ist diese Reise leider schon Vergangenheit und es bleiben "nur" unzählige Erinnerungen. Ich bin in der Zwischenzeit in Valparaiso angekommen und will euch (und mir für das Fotoalbum) noch den Text seit Salta "liefern". 

26. Oktober

Nach dem Mittag machte ich mich auf den Weg. Es braucht immer wieder Zeit, um aus einer grösseren Stadt hinauszukommen. Im nächsten grösseren Ort, Vasqueros, musste ich meinem Fahrzeug wieder Luft geben, und dies sollte sich in der nächsten Zeit alle zwei bis drei Tage wiederholen. Ich dachte, dass das Ventil beim gewechselten Schlauch nicht richtig funktioniert...(ich wurde dann viel später eines besseren belehrt). Bald war ich wieder im feuchten Gebiet und es dauerte auch nicht lange, bis in der kompletten Regenmontur fuhr. An einem Stausee fand ich einen inoffiziellen Zeltplatz und stiess dort auf einen andern Radfahrer, Eugenio aus Uruguay. Zusammen verbrachten wir den Abend und ich stellte einmal mehr fest, dass junge männliche Radfahrer viel abwechslungsreicher kochen als ich (und am nächsten Tag schneller und weiter fahren als ich...) Ich war aber schon heilfroh, dass meine sehr teure Investition, neuer Brandstoff für meinen Kocher(Feuerzeugbrennstoff), funktionierte.

27. Oktober

Nach einer regnerischen Nacht (Nieselregen) wurde das Zelt heute nass eingepackt. Die feuchtnasse Fahrt nahm ihre Fortsetzung, auch wieder im Regenpack. Obwohl ich mich auf einer RN (Nationalstrasse) befand, hatte ich das Gefühl, ich bewege mich auf einem extrabreiten Radweg fort. Von der Umgebung (Art Regenwald) bekam ich leider nicht viel mit, es hatte Nebel, ab und zu sah ich Pferde, Kühe und Schweine am Strassenrand "blöd" schauen. In El Carmen kaufte ich bei einem Fahrradhändler einen Adaptador: mit diesem Verbindungsstück konnte ich von jetzt an bei jedem Autohändler meinen Reifen aufpumpen(merci Herr Reinhard für den Tip!). Bis nach San Salvador de Jujuy fuhr ich vorallem entlang Tabakfeldern (dauerte eine Weile, bis ich drauf kam, was es ist). Dort flitzte Eugenio an mir vorbei und ich sah ihn nie mehr... Ziemlich nass erreichte ich etwa um 4 Uhr den Zeltplatz in Yala. Dank der Unterstände konnte ich meine nassen Kleider aufhängen und konnte im Trockenen kochen. Bis tief in die Nacht (es war Samstag) konnte ich die Livemusik vom Dorfplatz mithören.

28. Oktober

Wieder nass zusammenräumen, aber immerhin regnete es nicht mehr. Nach einem längerem Aufstieg mit langgezogenen Haarnadelkurven wurde es blau am Himmel und von diesem Augenblick an war die Sonne bis zum heutigen Tag mein täglicher Begleiter! Ich bekam noch einen weiteren ständigen Begleiter, den Wind, heute meinte er es sehr gut mit mir. Ich flog talaufwärts bis Maimara, wo ich auf einem tollen Zeltplatz mein Zelt aufstellte.

29. Oktober

Heute hatte ich irgendwie wenig Saft in den Beinen, der Gegenwind spielte vielleicht eine Rolle, aber sicher auch mein entleerter Darm....am frühen Nachmittag erreichte ich das kleine Städtchen Humahuaca auf 3000m.ü.M. Da ich für den nächsten Tag "etwas" vor hatte, musste ich doch noch einmal essen, bevor ich mich ins Hostal begab: paniertes Schnitzel, Spiegeleier und Pommes Frites sollten mir für den morgigen Tag die nötige Energie liefern. Im Hospedaje traf ich zuerst auf Roderique (Frankreich) und Alex (Russalnd), später beim Abendessen auf Ingeborg und Martin aus Zeeland (Holland). Ich wusste immer noch nicht, ob ich die Tagestour am nächsten Tag machen soll, ich hatte doch einen gewissen Respekt.

30. Oktober

Was war denn meine Tagestour? Ich wollte die 25km lange Schotterstrasse bis zum Mirador de Hornocal auf 4350m.ü.M. hinauffahren (und natürlich wieder hinunter) Ich hatte schon Bilder davon gesehen, und dies war auch der Grund, warum ich überhaupt bis Humahuaca gefahren war; ich musste nämlich wieder über 60km das Tal abwärts bis Purmamarca fahren. Da ich mich immer noch nicht 100%-ig fühlte, machte ich mir einen Plan: alle 300 Höhenmeter etwas essen und trinken. Und dieser Plan ging prima auf: nach gut 4 Stunden kam ich beim Mirador an, wurde von Roderique und Alex spontan umarmt (sie fuhren mit einem Pick-Up mit) und sie meinten:"You are a good person". Ihr habt vielleicht die Fotos schon gesehen. Es haute mich einfach um! Über zwei Stunden bewunderte ich die Cerros de Los 14 Colores und sah andere Touristen kommen und gehen. Irgendwann hiess es dann doch zurückfahren, und wer jetzt denkt, dass sei eine lockere Fahrt gewesen, der täuscht sich. Wieder einmal merkte ich, wie unterschiedlich sich eine Strasse "anfühlen" kann, wenn man "obsi" oder "nidsi" fährt: aufwärts war das eine gute Schotterstrasse, abwärts ein Geholper! Aber: es war ein unvergesslicher Tag und bis jetzt meine grösste Höhe mit dem Fahrrad gefahren und es ging mir viel besser als am Morgen, als ich wegfuhr.

31. Oktober

Mein heutiges Ziel sollte Purmamarca sein, ein anderer sehenswerter Ort in dieser farbigen Umgebung. Wie schon erwähnt, fuhr ich wieder talabwärts. Ich hörte den ganzen Weg ein Ticken im rechten Pedal...(kommt davon, wenn man in der Abfahrt am Vortag nicht auf dem Sattel sitzt, sondern auf den Pedalen steht...). Bei der Mittagspause in Tilcara schaute ich noch einmal auf die Karte und realisierte, dass es sinnvoller war, in Tilcara die Essensvorräte aufzufüllen, statt in Purmamarca. Also fuhr ich ins Zentrum und es gruselte mir beinahe wieder: dieses Städtchen ist mit den unzähligen Restaurants und den Souvenirläden völlig auf die Touristen ausgerichtet. Ich fand einen guten Supermarkt (vielleicht ja auch für die Touristen, weiss, ich bin auch einer) und es konnte weitergehen. So weit kam ich dann eben nicht mehr. Der Wind entpuppte sich zum "Spielverderber". Es war nicht mal das Fahren an und für sich, aber in Argentinien fehlt der Seitenstreifen ("mein Radstreifen") und bei Gegenwind höre ich die Busse nicht und ich schwanke dann oft hin und her. Bei einigen Busgesellschaften hatten die Fahrer sicher einen Kurs, wieviel Abstand man von Radfahrern halten soll, aber die Fahrer von "BALUD" hatten diesen Kurs nicht. Auf alle Fälle fand ich es sinnlos, bis Purmamarca zu fahren. Beim Museum Hornillos kehrte ich um und war innert kürzester Zeit in Maimara auf dem Zeltplatz.

1. November

Rechtzeitig am Morgen starten und windlos nach Purmamarca fahren. Bereits um 10 Uhr traf ich dort auf dem Dorfplatz ein und ich traute meinen Augen nicht: noch mehr, oder NUR Touristen, und die vielen Einheimischen probierten alle, ihre gewobenen Artikel an die Leute zu bringen. Bekannt ist der Ort wegen der Cerros de Los 7 Colores. Für mich war eigentlich schnell klar, dass ich hier nicht den ganzen Tag bleiben würde und im Nachhinein erwies sich diese Entscheidung als goldrichtig. Auf mich wartete nämlich ein 4170m hoher Pass und ich befand mich zur Zeit auf 2200m. Ich brauchte also sowieso 2 Etappen bis zum höchsten Punkt. Also fuhr ich weiter, traf unterwegs noch auf einen Engländer, auf das Ehepaar Spaans aus Heiloo (Nachbargemeinde Castricum) und auf einen alleinreisenden Belgier in einem Jeep. Die Fahrt durch das Tal war wunderschön, ständig änderten sich die Gesteinsfarben und ab und zu hatte ich Sicht auf kleine Bauernhöfe. Als dann die ersten Haarnadelkurven kamen, wusste ich, dass die richtige Passstrasse begann. Auf 3300m.ü.M. fand ich am späteren Nachmittag ein ebenes Plätzchen für mein Nachtlager und ich dachte, dass niemand mich sehen würde. Dabei vergass ich aber, dass die Busse doppelstöckig sind und die Leute im oberen Stock eine tolle Aussicht, auch auf zeltende Radfahrerinnen, hatten. Winken ist immer gut! Sicher hörten sie meinen Mitgesang nicht, denn aus lauter guter Stimmung kam mein MP3 Spieler zum ersten Mal aus der Tasche und ich hörte meine Lieblingslieder!

2. November

In der Nacht begann mein Zelt zu bewegen und lag auf meinem Kopf..... Wind schon in der Nacht, kein gutes Omen. Ich musste schnell alle Heringe besser verankern und konnte wieder schlafen. Ja, und woher kam dieser Wind? Von der Passhöhe... d.h. den ganzen Weg zum Teil heftiger Gegenwind, zusätzliche Arbeit zu den 800 Höhenmetern, die noch zu überwinden waren. Meine Beine (und vor allem mein Kopf waren aber sehr gut) und nach gut 3 Stunden konnte ich das Selfie von mir machen. Es war nicht Stolz, sondern eine Zufriedenheit, die sich einstellte, dass ich mit Gepäck diese Höhe erreicht hatte und so mit gutem Gewissen den nächsten Tagen (es ging ja noch höher) entgegen schauen konnte. Die Abfahrt war dann trotz des Gegenwindes eine "geile" Sache, und dies vorallem wieder wegen der farbigen Bergwelt, wunderschön. Ich freute mich schon auf das Restaurant, in Saladillo welches auf meiner digitalen Karte eingezeichnet war. Bei der Ankunft erklärte mir der Besitzer, dass heute geschlossen war, weil er neue elektrische Kabel verlege und kein Strom wäre. Ich konnte ihn aber umstimmen, um mir einen Salat zuzubereiten, und dieser schmeckte super! Zudem füllte er mir alle Flaschen mit Wasser nach und erzählte mir, dass im kleinen Dorf Tres Pozos eine Hospedaje sei! Was wollte ich noch mehr? Einen Zwischenhalt hatte ich aber noch bei den Salinas Grandes, ein "riesiger" Salzsee, so Salz auch abgebaut wird. "Viele" Touristen besuchen diesen Ort als Tagesausflug von Salta aus.... In Tres Pozos fand ich nach einigem Suchen die Unterkunft: die Frau des Garagisten vermietet 3 Zimmer, ich hatte an einem genug. Nur das mit der heissen Dusche wollte nicht so ganz.... mittlerweile befand ich mich auf 3450m.ü.M,

3. November

Meine Fahrt Richtung Paso de Jama und San Pedro de Atacama ging weiter. Die ersten 28km waren wieder kurvenlos, dann kam der Eingang zur Quebrada de Mal Paso, also wieder in kleinere Gänge schalten. Nach Erreichen des höchsten Punktes ging es ständig auf und ab, bevor ich mich auf die letzte Abfahrt nach Susques freuen konnte. Mittlerweile hatte natürlich auch der Wind wieder begonnen zu wehen. So war ich froh, als ich den Ort erreichte und im Tante Emma Laden alles finden konnte, was ich suchte. Mein heutiger Übernachtungsplatz war dann auch wieder ein Glücksfall: bei der Tankstelle mit Motel erlaubten mir die Leute, das Zelt im (sandigen) Unterstand aufzustellen. Als Dank ging ich dann im Restaurant essen (Megaportion Spaghetti....) Ich befand mich jetzt auf 3650m.ü.M.

4. November

Am Morgen sollte die Fahrt mit einem Anstieg auf 4100m.ü.M. beginnen. Ich finde es doch angenehm, dass ich mit meiner gedownloadten Karte mit Höhenlinien das Höhenprofil zum voraus anschauen kann. Nach dem Anstieg folgte... eine Abfahrt. Ich unterhielt mich kurz mit einem Ehepaar aus Suhr und fuhr weiter, weil der Wind sollte auch wieder beginnen. Die Mittagspause hielt ich bei einem verlassenen Dorf und hier realisierte ich, wie der Sonnenstand am Mittag ist: kein Schattenplatz, die Sonne stand senkrecht über mir....Ich fuhr entlang der Salar de Olarez und mir fielen die vielen Lastwagen auf. Bei einer Art Touristenbüro 22km später bekam ich die Erklärung dazu. In der Nähe befindet sich eine der grössten Lithiummine (für unsere Batterien). Die Lastwagen transportieren die Erze. Die Arbeiter werden durch eine alte Frau und deren Tochter bekocht und ein Zimmer dient ihnen während den Pausen als Heimkino. Ich bestellte bei der Frau zwei Empanadas (die besten, die ich je gegessen hatte) und fragte, ob ich hier irgendwo zelten könne. Sie bejahte, die Männer meinten aber, es sei viel zu kalt zum Zelten und sie würden das TV-Zimmer (mit einem Bett) gleich wegen der Arbeit verlassen... so war dies auch wieder geregelt! Die Videosammlung entsprach dann nicht ganz meinen Geschmack...Ich schlief auf 3950m.ü.M. Seit heute weiss ich, dass "Planta" auch "Betrieb" heisst.

5. November

Heute wollte ich den Grenzort zu Chile, Paso de Jama, erreichen. Der Name ist etwas verwirrend. Auf der Karte ist nämlich eine Passhöhe eingezeichnet, aber nach dieser Passhöhe geht die Steigung noch lange weiter. Bis zur Mittagspause fuhr ich in Handschuhen und einer Kleiderschicht mehr. Die Fahrt war sehr abwechslungsreich und ich "musste" viele Fotostopps einschalten. Ausser den Lastwagen hatte es beinahe keinen Verkehr. Ich kenne mittlerweile "viele" Fahrer, sei es auch nur vom Winken! Nachdem ich im ACA-Hotel das Zimmer bezahlt hatte und noch etwas eingekauft hatte, wollte ich das restliche Argentinische Geld mit einem Abendessen im nahegelegenen Restaurant ausgeben. Dies gelang gut und dort traf ich auf die Gruppe Lastwagenfahrer aus Brasilien, die nicht weiter gekommen waren als ich, weil sie auf die Einreisepapiere warten mussten. Einer drehte einen kurzen Film mit mir und schickte ihn nach Hause zu seiner Familie...Höhe: 4150m.ü.M.

6. November

Ich hatte zum ersten Mal kalt in der Nacht, und dann war ich nicht einmal in meinem Zelt... Die Passkontrolle öffnete um 8 Uhr. Zuerst freute ich mich auf das Frühstück (war im Preis inbegriffen). Mit meinem Voucher ging ich zum Tankstellenschalter und gab diesen ab. Stellt mit der Tankwart einen Kaffee hin..... in der Zwischenzeit ist mein Spanisch gut genug, um darauf zu reagieren... wie soll ich mit einem Kaffee die heutige Etappe fahren können? Es hatte kein Brot.... das Muffin durfte ich auch nicht nehmen... dann halt mein eigenes Brot und Konfitüre holen und essen. Beim Weggehen durfte mir der Mann nicht in die Augen schauen.... Dann ging es zum Zoll. Ich wusste von früheren Reisen, dass Chile betreffend Einfuhr von frischen Lebensmitteln (Früchte, Gemüse, Fleisch) sehr streng ist. Wo sollte ich mein Rüebli und meine getrockneten Tomaten verstecken? Das Rüebli kam ganz einfach in die Lenkertasche (ich nahm an, dass ich die andern Taschen auspacken muss) die Tomaten fanden in der Regenhose Platz. Dann ging es von Schalter zu Schalter, und ich bekam Papiere mit Stempeln und musste diese beim nächsten Schalter abgeben, um wieder neue in Empfang zu nehmen. Wie schon in Santiago am Flughafen wurde nach der Seriennummer von meinem Fahrrad gefragt. Dieses Mal hatte ich mich besser vorbereitet: ich sagte (was auch stimmt), dass es ein Unikum ist. Dies musste ich auf einem weiteren Papier unterschreiben.... dann kam die eigentlich Kontrolle. Der Zöllner begleitete mich nach draussen, und irgendwie nach dem Zufallsprinzip musste ich die vordere linke Tasche öffnen. Er hatte schnell gesehen, dass dort nichts "Frisches" drin war und mit einem "Buen viaje" schickte er mich nach Chile!

Zuerst ging es auf 4300m, von dort aus hinunter zur Salar Quisquiro. Und jetzt kommt eine kleine Geschichte, die ich doch kurz erzählen will. Am Morgen bekam ich von Klaus (Martin und ich haben Klaus 2010 in Nordnorwegen getroffen, Klaus hat u.a. die ganze Panamericana gefahren) via Messenger einen Bericht, dass ich heute Jonas Deichmann treffen könnte. Jonas ist ein nicht ganz gewöhnlicher Radfahrer, um es mal vorsichtig auszudrücken. Er versucht nämlich, in 100 Tagen die 23000km von Alaska nach Ushuaia mit dem Rad zu fahren.... und heute sollte er mich kreuzen! Als ich beim Mirador der Salar eine Fotopause machte, fuhr aus der Gegenrichtung ein Lastwagen mit einem angehängten Fahrrad vorbei.... das soll doch nicht wahr sein, war mein erster Gedanke.... auf der andern Seite fragte ich mich, wie jemand an einem Tag 160km mit einem Anstieg von 2500m auf den ersten 40km und einem sicher auftretenden starken Wind und etlichen Gegensteigungen zurücklegen kann....aber wer sollte es sonst sein? Ich hatte schon lange keinen Radfahrer mehr gesehen und das Rad schien vorne auch keinen Gepäckträger zu haben.... es liess mir keine Ruhe... und in San Pedro de Atacama wurde mein "Rätsel" dann aufgelöst (siehe dort). Meine Fahrt führte entlang Lagunen mit Flamingos, es war wirklich wunderschön! Nach der Laguna Negra begann die nächste Steigung und der nächste nachmittägliche Windsturm. Zum Glück befand ich mich wieder in Chile, so konnte ich auf den asfaltierten Seitenstreifen fahren und wurde nicht von den vorbeifahrenden Autos und Lastwagen "gestört" (im wahrsten Sinne des Wortes). Ich "flüchtete" hinter die massiven Steine beim Monjes de la Pacans und stellte mein Zelt windsicher auf. Ich bereitete mich auf eine kalte Nacht vor, musste aber keine der bereitgelegten Extrakleider anziehen. Das gefrorene Wasser im Bidons liess aber am nächsten Morgen darauf schliessen, dass es auf 4450.m.ü.M. "frisch" war. 

7. November

Heute die "Königsetappe": ich durfte zweimal auf über 4800m fahren und sollte am Schluss eine sehr lange Abfahrt Richtung San Pedro de Atacama geniessen können. Es begann mit einem sehr steilen Anstieg, gefolgt von einer Abfahrt zur Salar de Pujsa auf 4550m. Dort traf ich auf eine Tagestourigruppe aus San Pedro de Atacama. Sie luden mich zu Kaffee (und Kuchen ein) und ich unterhielt mich mit einem Ehepaar aus Basel. Diese etwas zu lange Pause bekam ich später zu spüren: der Seitenwind begann wieder stark zu wehen! Die zweite Passhöhe wollte und wollte nicht kommen.... ein Chilene schenkte mir noch Wasser und meinte, die nächste Steigung sei die letzte.... kamen noch drei weitere und irgendwie schaffte ich es und die echte Abfahrt konnte beginnen! Ich wollte diese Abfahrt richtig auskosten und entschied mich, auf 3800m das Zelt aufzustellen und erst am nächsten Morgen die restlichen 30km nach San Pedro zu fahren. Wie schon zu Beginn meiner Reise fand ich auf der "Escaperoute" einen windsicheren Ort und nur die talwärtsfahrenden Lastwagen konnten mich sehen. Da die Grenze aber um 18 Uhr zu ging, konnte ich zurecht mit einer ruhigen Nacht rechnen! Und die Aussicht auf den Volcano Licancabur war wunderschön!

8. November

Dieser Tag ist schnell erzählt: 30km lange Abfahrt (es war so steil, dass ich ständig bremsen musste) nach San Pedro de Atacama, ein Touristenort vom "Übelsten": natürlich hat es einen Grund, dass soviele Leute hierher kommen, mit all den Ausflugsmöglichkeiten in der näheren und weiteren Umgebung. Aber von einer Chilenischen Ambience ist wenig übrig geblieben. 100000 Restaurants (da ist Frau Bachmann immer etwas überfordert), 100000 Reisebüros, die alle irgendwie überleben müssen, 50000 Fahrradvermieter und dann noch die 50000 Hostals und Hotels. Ich suchte mir ein Hostel, unterhielt mich mit Katrin aus Vals und vier andern Bikern, sowie wollte ich noch die Geschichte mit Jonas "klären": via Messenger (Facebook sei Dank) nahm ich mit ihm Kontakt auf und fragte, wie das jetzt war... er schrieb sofort zurück und meinte, dass er natürlich alles selber gefahren sei, und der Radfahrer, den ich im Lastwagen gesehen habe, sei ein Schweizer gewesen.... er gab mir den Namen.... (vielleicht sollte ich doch noch bei der Polizei arbeiten).... ich via Messenger mit diesem Schweizer Kontakt aufgenommen.... und die Sache war geklärt: Jonas fährt alles selber und sollte übrigens in ein paar Tagen in Ushuaia eintreffen!

9. November

Ich hatte mir schon am Vortag ein Geschenk versprochen: ich werde heute für die ersten 40km ein Taxi nehmen, und dann weiter nach Calama fahren. Ich befand mich ja immer noch (oder jetzt erst recht) in der Atacamawüste, und dort hat es ja bekanntlich nicht so viele Bäume und Windschutz. Ich hatte einen Taxifahrer am Vortag organisiert, der erschien zum abgemachten Zeitpunkt (mit südamerikanischen Zeitzuschlag inbegriffen) nicht, so konnte ein anderer halt in relativ kurzer Zeit viel Geld verdienen. In der Nähe von Calama befindet sich die noch grösste Kupfermine (Chuquicamata) der Erde. Eine Karte von dieser Mine befindet sich sogar im Schweizer Schüleratlas. Man kann gratis an einer Führungen teilnehmen, diese finden Mo-Fr um 13 Uhr statt. Heute war Freitag und erst während der Fahrt nach Calama merkte ich, dass 13 Uhr reichen könnte, wenn ich in Daniela Ryf Haltung (NL: ze won 4 keer de Ironman van Hawaii) in die Pedale treten würde.... es lief sehr gut, bis ich in Calama ankam. Dann kam ich ins Schwimmen (man kann ja die Trialthlondisziplinen mal umkehren): ich wusste nicht mehr, wo ich genau hin musste....irgendwie Codelco. Ein Chilene mit Internet konnte mir weiterhelfen; ich merkte aber, dass ich in einer Stadt in 20 Minuten nicht 8,5km weit komme. Dann halt nicht, sondern auf einem Platz die Ambience dieser Arbeiterstadt geniessen, die Schüler beim Flirten und Fussballspielen beobachten und die Stadt irgendwie "begreifen". Nachdem ich die Unterkunft bezogen hatte, machte ich einen Spaziergang durch die Fussgängerzone und konnte noch ein anderes Rätsel lösen. Seit einigen Tagen sah ich immer wieder Autos mit Deutschen Kennzeichen "BS". Ein Fahrer in einem solchen Auto konnte meine Fragen beantworten: "BS" ist Braunschweig, Braunschweig liegt in der Nähe von Wolfsburg (das wusste ich), dass es sich bei den Autos ausschliesslich um VW (aus Wolfsburg, wusste ich auch) handelte, merkte ich erst danach. Diese Fahrer testen hier die Autos! d.h. sie fahren in der Wüste umher.... Meine zwei folgenden Fragen beantwortete er beide mit "nein": "habt ihr noch freie Stellen?" und "produziert VW auch Fahrräder, die irgendwo getestet werden müssen?". Als nächstes werden die Fahrzeuge nach Südafrika geflogen und dort getestet.... Calama ist keine schöne Stadt, aber mir hat hat die Stimmung der Einheimischen viel besser als in San Pedro gefallen.

In der Unterkunft noch ein kleines Verständnisproblem: ich begriff nicht, ob es 10 Minuten dauerte, bis beim Duschen heisses Wasser kommt oder dass es 10 Minuten heisses Wasser hat..... irgendwie kam 10 Minuten kein heisses Wasser und danach auch nicht, aber sonst war die Unterkunft tiptop!

10. - 12. November

Die drei Tage von Calama nach Antofagasta durch die Atacamawüste gingen nach einem ungefähr gleichen Muster: am Morgen rechtzeitig los, so dass ich vor der grossen Hitze und vor allem vor dem heftigen Wind am Ziel war. Glücklicherweise hatte es in Abständen von 70 - 76km kleine Städte mit einfachen Unterkünften. Meistens übernachteten (sie schliefen am Tag) Minenarbeiter in diesen Unterkünften und waren nachts an der Arbeit, also ideal für mich. 

Mehr und den Rest der Reise (inkl. Fotos) könnt ihr ein anderes Mal lesen und sehen. Ich finde es jetzt gut!

E liebe Gruess vo mir

1 Reactie

  1. Bärble:
    22 november 2018
    Hej Lina!
    Dein Bericht ist unterhaltsam und wirkt irgendwie megaexotisch - ich höre Rasenmäher und Tastaturtippen... - danke und viel Erfolg unterwegs!