6. - 11. Oktober 2018

12 oktober 2018 - Belén, Argentinië

Hallo liebe Leute,

seit meinem letzten Bericht bin etwa 430 km weiter gefahren. Gestern Nachmittag bin ich in Belen angekommen und heute mache ich einen Wasch- und Schreibtag. Das Waschen überlasse ich der Wäscherei, das Schreiben will ich eigentlich selber übenehmen, aber das Internet ist, um es mal nett ausgedrückt, sehr sehr langsam und ich kann während des Schreibens beinahe ins Tastaturbrett beissen.

Ich blieb doch in Villa Union, ein nettes Städtchen. Nach dem Einkaufen traf ich die zwei Freiburger noch einmal und machte einen Spaziergang zum Aussichtspunkt. Die Nacht war dann eher unruhig: Nachdem das Konzert um Mitternacht fertig war, begannen die Hunde mit ihren Hauskonzerten...

6. Oktober

Auffallend heute, dass ich auf den ersten 55 km kein einziges Tier sah, weder tot noch lebendig. Dann tauchten irgendwo plötzlich die Langohrschafe auf, und mit ihnen begann auch die Fahrt Richtung Mirandapass. Die Landschaft wurde wieder rot! Auf der Passhöhe traf ich eine internationale Studentengruppe aus Mendoza: eine Deutsche, drei Französinnen und einen Italiener. Sie machten einen Wochenendausflug und mussten noch 500 km nach Mendoza zurückfahren. Ich durfte noch knapp 30 km das Tal hinausfahren und die Aussicht geniessen. Ich wollte bis Sanogasta fahren, wo es einen Camping Municipal hat. Dort traf ich Pancho wieder. Er ist Argentinier und wir sind uns vor 10 Tagen in Barreal begegnet. Er ist auch mit dem Rad unterwegs, hat aber als Südamerikaner einen ganz andern Tagesrhythmyus. In den nächsten Tagen sind wir uns immer wieder begegnet. Es war sehr laut auf dem Zeltplatz, bis dann alle Tagesausflügler gegangen waren. Dann blieben nur noch die Hunde übrig. Diese wachten dann zu dritt um mein Zelt, eine Art Bodyguards!

7. Oktober

Bevor ich am Morgen losfahren konnte, musste ich von Daniela, der Leiterin des Campings, noch eine Videobotschaft  für Facebook in meinem besten Spanisch geben.... Auf der Fahrt nach Chilecito kam ich in den Genuss eines richtigen Radweges, und das circa für 12 km. Plötzlich sah ich in der Ferne mitten auf der "Autostrasse" drei Radfahrer stehen: Pancho war im Gespräch mit den beiden Schweizern Fred und Brigitte aus Genf, seit vier Jahren unterwegs. Zum Thema Fred: es gibt Freds UND Freds, ich bevorzuge die ruhige Art meines Lieblingsschwagers. Pancho meinte danach: er spricht viel für einen Europäer...es gibt aber noch eine kleine Anektote zum Thema:" die Welt ist klein". Als ich sagte, dass ich aus der Region Thun komme, meinte Fred, die Thuner seien auch überall auf Reisen. Sie wären eine Zeitlang mit Martin und Manja zusammengefahren. Diese sind auf der Chilenischen Seite Richtung Ushuaia unterwegs. Ja, und wer ist dieser Martin? Ich kenne diesen Martin Gruber seit über 30 Jahren vom Handball und habe irgendwann in den 90-er Jahren ihm und seiner damaligen Freundin das Haus helfen malen... hatte in der Zwischenzeit schon Kontakt gehabt mit Gruebi und wir werden uns hoffentlich im Frühjahr an einem Handballmatch in Thun wiedersehen...

In Chilecito konnte ich dann endlich mal einen Bankautomaten finden, der meine Kreditkarte akzepierte. Die in Uspallata gewechselten 200 Dollar (ca 200 Schweizer Franken) waren zwar noch nicht aufgebraucht, aber als Schweizerin will man doch eine gewisse Sicherheit haben. Ihr seht vielleicht auch, dass ich mit meinen jämmerlichen Ausgaben nicht gerade viel zur Aufhebung der Wirtschaftskrise hier in Argentinien beitrage...Nach einem Tostado und dem Auffüllen der Wasserflaschen (ich weiss jetzt auch das richtige Spanische Wort für "Füllen", merkte, dass ich die Leute immer gefragt habe, ob sie mir die Flaschen "Reinigen" können...) ging es weiter nach Famatina, eine Alternativroute zur RN 40. Die letzten 10 km führten mich durch ein Tal mit vielen Reben und Nussbäumen. Hätte auch noch den sonntäglichen Fussballmatch anschauen können, liess es aber sein. Der Camping war sehr schön gelegen, nach etwa 10 Minuten lagen mir wieder drei Hunde zu Füssen und einer davon fand meinen Abwaschschwamm so toll, dass er ihn in der Nacht mitnahm. Pancho hatte einen Verlust von seinen Schuheinlagen zu melden...

8. Oktober

Heute wieder mal Thema "Gegenwind", und zwar den ganzen Tag! Nach der Passhöhe und einer schönen Fahrt durch die Cuesta La Aquadita erreichte ich am früheren Nachmittag Campanas, ein kleines Dorf ohne Camping. Die erste Besitzerin einer Hospedaje zeigte nicht viel Enthousiasmus, um mir ein Zimmer zu geben. Bei der Kirche traf ich Veronica, eine junge Frau auf einem Scooter. Sie meinte, ihre Tante hätte auch freie Zimmer und führte mich zu ihr. Leider war alles besetzt, die Tante wusste eine dritte Adresse (bei der Kirche). Veronica begleitete mich wieder und "lieferte" mich ab. Es hatte eine Dusche, aber irgendwie fühlte es sich doch etwas "unsauber" an. Zum Glück war das Zimmer gross genug, um das Mätteli am Boden auszulegen und in den eigenen Schlafsack zu gehen.....

9. Oktober

Heute eine schöne Fahrt nach Tinogasta, mit 18 km Ripio dazwischen. Auf diesem Streckenabschnitt hatte ich das Gefühl, in der Afrikanischen Steppe zu sein (wo ich noch nie war....) und ich hielt vergebens Ausschau nach Giraffen und Elefanten. Was ich aber sah, war ein Fussgänger, der mir entgegen kam: Pancho war auf der (vergeblichen) Suche nach seiner Schlafunterlage und seinen Schuhen, die sich auf der Schotterstrasse auf und davon gemacht haben...In Tinogasta war die ganze Plaza für einen Anlass abgeschlossen und wurde blitz-blank sauber geputzt. Dies roch wieder nach Fest und Lärm und wenig Schlaf.... für die Übernachtung bestanden verschiedene Optionen: ein Argentinier bot uns (Pancho tauchte dann mal auch wieder auf) sein Haus an, der Vizepräsident der örtlichen Feuerwehr bot uns das Feuerwehrmagazin an und bei der Busstation könne man auch zelten. Schlussendlich wurde es die Busstation, ein Grasfeld (kein Sand!). Meine Befürchtungen wurden wahr: Nachdem das Fest auf der Plaza vorbei war, begannen die nächtlichen Motorradtouren der einheimischen Jugend! Um sieben Uhr morgens, als ich aufstand, war es zum ersten Mal still...

10. Oktober

Dass ich nach dieser ziemlich unruhigen Nacht am nächsten Tag meine bisher längste Etappe fahren sollte, war nicht geplant. Nach 68 km Gegen- und Seitenwind erreichte ich die Kreuzung, wo ich wieder auf die RN40 treffen sollte. Und bei dieser Kreuzung wechselte auch die Richtung, und zwar so, dass der Wind von hinten kam. Ich flog weiter..... und diese Strecke war wieder schnurgerade. Ich machte mich so breit wie möglich (die Möglichkeit ist zwar ziemlich begrenzt, aber immerhin). Nach weiteren 38 km tauchte ein verlassenes Haus auf mit einem Opfertisch. Aus Sicht und Wind stellte ich das Zelt auf und: es hatte KEINEN Hund und keinen Lärm und ich hatte meine Ruhe! Ganz kurz wurde diese gestört, als ein Auto beim Opfertisch stoppte und ich mich mit meiner Zahnbürste im Mund ganz still verhielt.... die Leute fuhren weiter.

11. Oktober

Die schnurgerade Strasse ging weiter bis nach Londres. Ich liebe radfahren am Morgen! Heute wollte ich etwas für die Kultur tun: Bei Londres ist die grösste Incasiedlung von Argentinien, El Shincal. Auch hier durfte man nur mit Führung das Gelände betreten. Nach 1,5 Stunden machte sich der Hunger bemerkbar und ich bestellte "Humita", eine Spezialität von hier: Maispuree mit Zwiebeln und geschmolzenem Käse, eingewickelt in einem Maisblatt, war sehr fein! Zur Sicherheit fragte ich den Jungen, ob ich das Maisblatt auch essen könne....

Am Nachmittag erreichte ich dann Belen. So konnte ich auch erfahren, dass die Nierensteine bei meinem Vater entfernt sind und nun hoffen wir alle, dass er sich gut von dieser Operation erholt! 

Auf dem Camping traf ich zum zweiten Mal heute auf Holländer, Sippie und Klaas aus Groningen. Sie tauschten ihr Heim vor einem Jahr mit einem Pickup-Camper und sind seitdem hier in Südamerika unterwegs. Wir hatten einen gemütlichen Abend.

Heute bleibe ich noch hier und morgen geht es weiter nordwärts. Ich weiss nicht, wieviel Geduld ich mit dem Internet hier habe, um alle Fotos zu laden. Aber vielleicht möchtet ihr ja lieber Fotos sehen, als diesen Text lesen.

Bis zum nächsten Mal!

Lg

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