17. Juni - 23. Juni

24 juni 2023 - Hayden, Idaho, Verenigde Staten

Schon wieder sechs Tage vorbei, Zeit für einen Bericht

17. Juni
Nachdem ich bei einem zweiten Frühstück im "River Rock Cafe" alle Fotos und den Text hochgeladen hatte, ging es weiter Richtung Norden. Es sollte eine sehr einfache Fahrt flussabwärts entlang des Salmon Rivers (jetzt zum letzten Mal) werden. Kaum war ich ausserhalb von Riggins, dann die Tafel, dass ich in die "Pacific Time Zone" komme. Schwups, hat dieser Tag plötzlich 25 Stunden... auf der Karte der US-Zeitzonen hängt da wirklich so ein Anhängsel raus, keine künstliche Grenze; sondern eben der Salmon und Snake River sind für die Grenzen verantwortlich. Für mich spielt es ja im Moment sowieso keine Rolle, wie spät es ist  Irgendwann muss ich die Stunde natürlich wieder zurückgeben.
Die Fahrt durch das enge Tal war sehr schön! Kreuzte noch zwei Radfahrer, die aber anscheinend keine Lust/Zeit hatten zum Plaudern. Ihr Tag hatte natürlich nur 23 Stunden....
Bevor die Strasse den Salmon River verliess und die Steigung (fast 1000 Höhenmeter) anfing, bog ich auf den "Old Hw 95" ab zum Camping. Als ich dem Host meine Herkunft sagte, war seine erste Bemerkung: " I need a new T-shirt from Switzerland. Mine is full of holes". Ihr könnt euch etwa meine Reaktion vorstellen. So beträgt mein heutiger Preis ein T-Shirt mit etwas "Schweizerischem" und Versandkosten in die USA.
Der Camping hatte zum Glück einen grossen Unterstand, wo ich kochen konnte. Es regnete nämlich nach drei Tagen zum ersten Mal wieder, und das ziemlich heftig.

18. Juni
In der Nacht noch mehr Regen, so dass "alles" nass eingepackt wurde.
Wie schon erwähnt, stand heute eine "Passfahrt" bevor. Und ich war so froh, dass ich diese auf der alten Strasse fahren konnte. Es war überhaupt nicht steil, hatte insgesamt 10 Haarnadelkurven und war auch sonst sehr abwechslungsreich. Zudem traf ich nur 4 Autos und 6 Töfffahrer. Ein Ehepaar stoppte und erzählte mir, dass sie hier schon mit dem Tandem hochgefahren waren. Jetzt waren sie mit einer grossen Hondamaschine Richtung Niagara-Fälle unterwegs.
Nach einem Kilometer auf dem Highway konnte ich wieder abbiegen und nach einem letzten Anstieg fing die coole Abfahrt an. Ich befand mich in einer völlig anderen Umgebung: weitläufig, offenes Landwirtschaftsgebiet.
In Grangeville wieder mal Mexikanisch essen. Danach ging es weiter, bis ich das Tal des Clearwater Rivers erreichte. Der erste Camping sah ziemlich verwahrlost aus, so fuhr ich weiter. Zufällig sah ich diesen Ort, ein neu, oder wiedereröffnetes Restaurant am Fluss. Ich darf das Zelt hier aufstellen. Ob die auch ein T-Shirt nötig haben? Für ein Bier gehe ich sicher noch rüber....
Und: ich ging rüber und wollte als Dank auch etwas essen. Praktisch alles von der Menukarte war aber nicht (mehr) erhältlich. So gab es noch eine Portion Frites und das Bier. Die Familie hat das Restaurant scheinbar erst vor ein paar Monaten übernommen und sie sind noch etwas überfordert, es hatte nämlich viele Leute👍..... sie gaben sich aber unendlich Mühe und ich hoffe, sie schaffen es! Der Chef fragte, ob ich noch etwas brauche. Er würde die eine Tür offen lassen, so dass ich die Toiletten benutzen könne. Nett!

19. Juni
Wie erwartet war am Morgen alles feucht (Tal, Flussnähe). Das Frühstück ass ich an der Theke draussen. Kam ein ATV  über die Brücke (Private Property) gefahren. Die Frau stoppte und fragte: "Did you stay here overnight?". Ich erklärte, wie und was und fragte, ob sie hier wohne. "I am the owner" UPS. Sie schaute sich um, sah die Unordnung auf den Tischen und verliess wortlos das Gelände. Ob die Betreiber noch etwas zu hören bekamen...??
Meine Fahrt heute war rekordverdächtig. Ich hätte nämlich in vier Orten einkaufen können.. Ich fuhr durch die Städtchen Stites, Kooskia, Kamiah und Orofino. Das erste sollte mal einen Workshop "Aufräumen ums Haus" organisieren! In Kooskia Kaffeestop, in Orofino dann Lunch. Die Fahrt selber war nicht anstrengend, es ging ja alles flussabwärts entlang des Clearwater Rivers. Anstrengend hingegen war der viele (Lastwagen)Verkehr mit dem viel zu schmalen Shoulder. Ein Truck kam  ziemlich sehr nahe....Und auf der anderen Flussseite wieder eine ungebrauchte Eisenbahnlinie. Man müsste dann zwar zuerst die Wagen entfernen, die immer noch auf einer Strecke von 11 km Länge auf den Schienen vor sich dahinrosten.
Etwa 5 km nach Orofino fand ich den Zeltplatz: BLM für $10.- mit Sicht auf den Fluss. Tiptop!

20. Juni
Gestern Abend noch schnell zwei Blitze (und Donner) und jemand öffnete von oben die Wasserleitungen.
Heute morgen die ersten 40 km immer noch entlang des Flusses, der Shoulder war bedeutend breiter.
Danach bog ich auf den Highway 3 nach Juliaetta ab. Es hatte zwar immer noch Logtrucks, aber sie fuhren auf der Gegenseite.
Für 6 km konnte ich sogar auf einen Radweg bis Kendrick ausweichen. Dort entschied ich mich, noch weitere 20 km bis Troy zu fahren. Die Steigung (9%) auf den ersten 3 km hatte es in sich. Danach befand ich mich wieder in einer neuen Landschaft: Raps- und andere Getreidefelder prägten die Hügellandschaft.
In Troy schaute ich mich zuerst auf dem RV-Park um, merkte aber sofort, dass dies nicht mein Übernachtungsort sein würde: nur Asfalt, keine Toilette und das für $45.- die Nacht. Nachdem ich bei einem Picknicktisch mein Abendessen gekocht und gegessen hatte, fuhr ich zum Town Park. Was war da los? Es fand ein Baseballspiel der Kategorie U5 zwischen Troy und Deary (Städtchen etwa 18km entfernt) statt. Es war der Hammer, den Knirpsen zuzuschauen! Einige konnten noch nicht gerade aus laufen, einige trafen den Ball schon richtig gut und vergebens suchte ich einen, der noch in den Windeln lief...das Spiel war um 19.45 Uhr fertig und der Park war schnell leer, so dass ich im hinteren Teil neben dem Toilettengebäude mit Wasser (also hatte ich alles!), etwas versteckt, mein Zelt aufstellen konnte. Ich fühlte schon, dass es eine kalte Nacht werden würde.

21. Juni
Am Morgen in der Sonne erst alles trocknen lassen. Der Mann, der die Toiletten reinigte, winkte mir zu. Beim Verlassen des Parkplatzes sah ich dann das "Campingverbot-Zeichen". Eigentlich hing es auf der falschen Seite, musste wahrscheinlich so sein.
Mein erster Halt nach 18 km war die Bäckerei und Käsefabrik in Deary. Ich sah diese zufällig auf Google Maps. Dort angekommen, sassen zwei sportliche Frauen (sie waren joggen) auf der Terrasse und tranken Kaffee. Sogleich fragten sie mich, ob ich gestern beim Park in Troy war... ja, war ich. Sie fanden meine Reise so toll, dass sie mir einen Kaffee mit Dänisch Plunder offerierten. Ganz coole Frauen, genau wie der ganze Laden und die Schaukäserei! Wenn ihr mal in der Nähe seid, unbedingt besuchen!
Die restliche Fahrt zum Camping war irgendwie friedlich, wie die hügelige Landschaft. Nur die Logging-Trucks waren immer noch unterwegs.
Heute wieder mal die Kleider waschen! Und: Tag ohne Regen, geht doch!!

22. Juni
Auch die heutige Fahrt war sehr abwechslungsreich. Bauernhöfe, Wälder, ein ständiges Auf und Ab (positiv gemeint), kurvig. Nur halt immer noch die Logging Trucks (hat dann etwa keine Wälder mehr in Idaho).
Nach 60 km erreichte ich St. Maries. Wieder mal gesund essen🤭: Salat.
Die letzten 25 km zum Chatcolet Camping (die Amis haben keine Idee, dass auch dies ein französischer Name ist) dann entlang diverser Seen, wobei eigentlich alles Wasser zum Lake Coeur d'Alène gehört. Immer noch Trucks, und zwar bis ich zur Ranger Station vom Heyburn State Park abbog. Der Ranger versicherte mir, dass es auf dem Camping noch freie Plätze habe, aber dass sie eine grosse Gruppe aus Seattle erwarten. Am Sonntag findet nämlich ein Ironman in CdA statt. Zur Sicherheit füllte ich noch den Wassersack. Der Ranger wusste nicht, ob das Trinkwasser jetzt angeschlossen sei...da ich "non motorized" bin, bezahlte ich weniger für den Platz.
Später kam ich mit zwei Velofahrern ins Gespräch. Sie fuhren mit den Gravel Bikes einen Trail quer durch Washington, hatten aber ein Begleitfahrzeug dabei.
Und noch später kam Joe vorbei. Er war so zu sagen der BKW Mann und musste beim Camphost den Stromverbrauch ablesen. Wir hatten ein lustiges und interessantes Gespräch. Auf meiner Fahrt durch Idaho hingen bei vielen Häusern Spruchbänder oder Flaggen. Praktisch alle für Trump 2024...und eine Flagge war sehr deutlich: "F... Biden". Joe sagte etwas Gutes aus: "Right wing, left wing? It is still the same bird."
Später kam er nochmals mit seiner Visitenkarte vorbei und schenkte mir einen Stein. Der kommt zu den beiden andern, die mich schon Jahre begleiten.

23. Juni
Ich war um 8 Uhr bereit, um auf dem Veloweg (super, entdeckte ich erst gestern) Richtung Coeur d'Alène zu fahren. Kurz vor der Velobrücke über den See traf ich auf Eugene aus Spokane. Er ist mit Vollbepackung unterwegs. Ich verstehe, dass er ein E-Bike hat: vier grosse Ortliebtaschen, ein Anhänger mit einer Solaranlage, ein Kühlschrank mit Eis, 12 Liter Wasser. Er wollte alles wissen, aber im Nachhinein merkte ich, dass er mir eigentlich gar nie die Gelegenheit gab, zu antworten. Ach ja, macht nichts! Nach einer Stunde konnte ich mich "losreissen" und endlich starten.
Es war eine schöne Fahrt auf dem Veloweg, dann Hw 97, dann kurz auf dem Interstate 90 (Autobahn) und dann wieder Veloweg bis nach CdA.
Die Triathleten fahren mir noch um die Ohren, letztes Training vor übermorgen. Mal schauen, ob da auch Schweizer starten. Wird verfolgt!
Nein, es starten keine.
Für mich jetzt etwas verständlicher, dass die Unterkunftspreise in der Umgebung horrend sind. Eigentlich wollte ich zuerst zwei Nächte bleiben. Campings für Zeltler in Stadtnähe nicht zu finden, kein Motel/Hotel unter $200.- die Nacht...Via Airbnb fand ich in Hayden, 10km nördlich der Stadt, etwas: ich kann im Garten einer jungen alleinstehenden Mutter mit 6 Kindern für $60.- mein Zelt für eine Nacht aufstellen. Normalerweise kommen nur Wohnwagen und daher hat es keine Toiletten. Nach kurzer Diskussion und Überzeugung darf ich jetzt ihre benutzen.
Den Ruhetag und die Bootsfahrt mache ich dann in Sandpoint.

So, dies ist der letzte Bericht aus Idaho. Der nächste folgt dann aus dem Staate Washington. Es geht westwärts.
Sonnige Grüsse und bis zum nächsten Mal

Foto’s

4 Reacties

  1. Hansruedi:
    24 juni 2023
    Tolle Bilder, tolle Erlebnisse da möchte man direkt mit dabei sein. Weiterhin alles Gute und LG aus der Schweiz
  2. Mirjam:
    24 juni 2023
    Was ich auch immer sehr geschätzt hatte, als ich in den USA unterwegs war (zwar nicht mit Bike) und auch, als ich in NJ lebte, die vielen spontanen Kontakte! Spannend!
    Lg Mirjam
  3. Karin Bachmann:
    25 juni 2023
    Merci für deine Reaktion. Wusste gar nicht, dass du in den Staaten gelebt hast. Auch spannend!
  4. Theo Wesker:
    28 juni 2023
    Vervelend die regen maar gelukkig de laatste dagen weer veel blauwe luchten. Ik zie op de kaart dat je dichtbij onze vakantiebestemming van vorig jaar begint te komen. Spannend om te zien hoe je verder reist in deze prachtige omgeving. Veel succes!