6. - 15. Dezember

15 december 2015 - Puerto Natales, Chili

Hola!

Es ist der 10. Dezember. Ich sitze in einer ''Goldgrube'' einer Cafeteria im Grenzort Cerro Castillo, 60 km nördlich von Puerto Natales, und warte auf einen Bus....(darum habe ich viel Zeit, um die letzten 4 Tage schon mal etwas zu beschreiben)

Mein letzter Bericht endete mit:''ich nehme jeden Tag (jeden Wind) wie er kommt'' und: der Wind kam und ist noch immer.

6.12.

Die Busexkursion zum Perito Moreno hatte sich gelohnt! Es ist für mich immer noch der eindrücklichste Gletscher, wahrscheinlich auch, weil man zu Fuss so nahe heran kommt. Natürlich hat sich die ganze Infrastruktur in den letzten 19 Jahre verändert (verbessert), der Gletscher selber aber nicht! Dementsprechend hatte es auch mehr Touristen, aber eigentlich hatte ich nie das Gefühl, dass ich einer Herde Tiere nach lief und schliesslich hat jeder das Recht, sich dieses Prachtsexemplar eines Gletschers anzusehen! Was macht diesen Gletscher so speziell?

Es ist ein immens grosser Gletscher(bis 60 m hoch und Kilometer breit und lang)! Ständig brechen Eisstücke ab, donnern in den See und schwimmen als kleine Eisberge auf dem See. Durch das Ändern des Tageslichtes verändert sich auch die Farbe des Gletschers.Durch die Vorwärtsbewegung von 2m/Tag ''prallt'' er auf die Halbinsel Magallanes und trennt so den Lago Argentino in 2 Teile. Die Strömung in den beiden Seeteilen sorgt dann wiederum dafür, dass sich das Wasser einen Tunnel durch den Gletscher schafft. Ist der Tunnel soweit ausgehöhlt, stürzt der Tunnel in und der See ist wieder eine Einheit. Das Einstürzen des Tunnels ist ein Naturspektakel und wird wahrscheinlich im nächsten Jahr wieder stattfinden.

Ich hätte noch länger als 3 Stunden bleiben können, aber der Bus fuhr wieder 80 km zurück nach El Calafate. Am Abend hatte ich einen neuen Zeltnachbarn: Dick aus Nijmegen. Er wollte auch Richtung Süden, so kam es, dass wir die letzten 3 Tage am gleichen Ort übernachteten, tagsüber  aber alleine unterwegs waren.

Ja, die letzten 3 Tage hatten es in sich.....ich hatte doch Respekt, was mich erwarten würde, nicht von der Strasse her, nicht vom Gelände her, nicht von den nicht vorhandenen Unterkünften her, sondern vom Wind. Ich hatte mich auf einigen Websites informiert, und es sah nicht echt günstig aus.....ein heftiger Südwestwind sollte wehen und in genau diese Richtung führte meine Route!

7.12.

Von El Calafate aus führten die ersten gut 40 km als Flachetappe Richtung Ost, das war easy!!! Von da an stieg die Strasse auf die Meseta, das sind die Hochflächen auf rund 700 - 800 m. Der Wind hier immer noch von hinten, also sehr günstig! Ja, und dann kam eine Rechtskurve von 90 Grad, ja, dann kommt der Wind von der Seite und ich hatte die Hochfläche erreicht, also keinen Schutz mehr. Es gelang mir gut, mich klein zu machen und die Beine ihre Arbeit machen zu lassen, so dass ich um 3 Uhr nach 92 km in El Cerrito ankam. Das tönt nach einem Dorf, ist es aber nicht.... was ist es dann? Es ist ein Haus mit einem Hangar vom Argentinischen Strassendienst (eine Art Werkhof). Ein Hund und eine Katze begrüssten mich, so wusste ich, dass auch jemand in diesem Haus wohnt. Es dauerte keine Minute, und ein Mann kam nach draussen (wahrscheinlich hatte er mich schon lange gesehen). Auf die Frage, ob ich hier übernachten durfte, antwortete er:'' Das Fahrrad muss in den Hangar und darf nicht gesehen werden, mein Chef würde mich sonst entlassen. Ich darf das eigentlich nicht zulassen, aber ich zeige Dir, wo Du schlafen kannst.'' Als er mir dann im Hangar zeigte, in welcher Ecke ich schlafen konnte, wo der Abfalleimer ist, wo ich kochen konnte und wenig später 5 Liter Wasser brachte, wusste ich, dass er dies wahrscheinlich täglich macht mit den ''gestrandeten'' Bikern. Es war ein perfekter Übernachtungsplatz, weg aus dem Wind!

8.12.

In den letzten Tagen war mir deutlich geworden, dass der Wind am Morgen viel weniger bläst, als am Nachmittag. Darum wollte ich früh (7 Uhr) losfahren. Die heutige Strecke war alles Schotterstrasse, ein sogenannter ''Short Cut'' Richtung Chile. Nach 70 km sollte in Tapi Aike (tönt wieder nach Dorf, es ist eine Tankstelle mit Kiosk, ein Wohnhaus und wieder eine Art Werkhof) wieder Asfalt kommen.

Ohne Probleme konnte ich die ersten 20 km durch die Prärie fahren, die Strassenqualität war mit den Steinen nicht optimal, aber doch zu fahren (meistens Englisch, links!)

Um 9 Uhr begann der Wind aber immer heftiger zu blasen.... das Balancieren wurde immer schwieriger und es war nicht leicht, den richtigen Gang zu gebrauchen. Und dann wurde aus dem Fahren immer mehr Schieben und ich konnte in der Ferne Dick sehen, wie er ''vorwärts'' kam. Nach 45 km (mit zwischendurch Selbstgesprächen und nicht ganz anständiger Wortwahl) hoffte ich auf eine Mitfahrgelegenheit. Bis zu diesem Zeitpunkt waren 3 Autos langs gekommen.... aber der Himmel (oder wer auch immer) schickte mir kurze Zeit später ein Pick-up Auto. Ein 1947 aus Österreich emigrierter Mann stopte und wir luden das Gepäck auf. Etwa 5 km später holten wir Dick ein, auch er war froh, dass er für die restlichen 20 km mitfahren konnte. Ich genoss die Fahrt von der Ladefläche aus und konnte mitansehen, wie auch die 3 Motorradfahrer ihre Probleme mit ihren ''Maschinen'' hatten.

In Tapi Aike regelte unser ''Taxifahrer'' innert 5 Minuten unsere ''Hotelzimmer'': schaut die Fotos an. Ein festes Dach über dem Kopf, super! Wir durften auch die (geheizte) Küche und die Toilette gratis benützen. Zum heutigen Tag passte die DEUTSCHE Version vom Film ''Gone with the wind'': Vom Winde verweht. Die Englische Ausführung kommt sicher auch noch einmal.....

9.12.

Noch früher starten war die Devise für heute, um das 55 km entfernte Cerro Castillo in Chile zu erreichen. Es sollte einfacher werden, weil ich die ersten 40 km wieder auf Asfalt fahren konnte und für den Notfall (sprich Mitfahrgelegenheit) ''mehr'' Verkehr sein sollte. Am Himmel zogen schwarze Wolken auf, aber geregnet hatte es eigentlich nicht. Der Wind blies auch heute, aber es war zum Fahren. Das Tempo war etwa dasselbe, wie wenn ich in Colorado über einen Pass (aufwärts) fuhr....und das ging doch immer sehr gut! Die Landschaft erinnerte mich an Island. Ich fühlte mich heute sehr gut und sang (nicht aus Frust!) wieder Guus Meeuwis:''Niemand''. 

Am Grenz''ort'' Cancha Carrera den Ausreisetempel holen und die restlichen 9 km nach Cerro Castillo durch die sanfte Hügellandschaft geniessen. Ich habe gehört, dass diese letzten Kilometer für andere Velofahrer zur Tortur wurden...

In Cerro Castillo dann zuerst ''kulinarisch'' zuschlagen und dann auf die Suche nach einer Unterkunft. Wenn es nur eine hat, ist das auch nicht so schwierig und es war eine schöne Hospedaje (Mate Amargo), zum Weiterempfehlen!

10.12.

In der Nacht Regen und weiterhin Wind. Nach dem Frühstück doch entschieden, die Fahrt Richtung Nationalpark Torres del Paine (dafür bin ich eigentlich die mittlerweile 8000 km gefahren...) in Angriff zu nehmen. Nach rund 5 km kam mir Dick entgegen. Er hatte sich entschieden, umzukehren und nach Puerto Natales zu fahren. Ich entschied mich auch, bis ins Dorf zurück zu fahren, und eine Mitfahrgelegenheit zu suchen. Ein Chilenischer Reiseleiter teilte mir mit, dass am Nachmittag ein Bus in den Park fährt!

Deshalb bin ich jetzt hier am Warten, aber die Zeit geht schnell vorbei( es ist ein Kommen und Gehen mit all den Touristen) und ich habe schon einen Teil meiner Hausaufgaben für Euch gemacht...ich melde mich dann irgendwann wieder für die Fortsetzung meiner Reise....

........so, da bin ich wieder. Mittlerweile ist es der 15. Dezember, ich sitze im Casa Cecilia in Puerto Natales und probiere weiterzuschreiben:

(10.12.)

Der Bus kam und der Buschauffeur war sehr unkompliziert mit dem Verladen des Bikes: es ''hing'' auf der Treppe bei der Tür in der Mitte. Beim Parkeingang musste ich nach dem Bezahlen der Parkgebühren mein Gepäck in einen andern Bus umladen. Ich wollte den Bus für die erste Fahrt bezahlen, aber der Chauffeur winkte ab und meinte, dass er mir diese Kosten schenken würde! Auf dem Camping Las Torres dann wieder alles ausladen. Auch dieses Mal hielfen mir zwei junge Belgier. Man kommt schnell ins Gespräch und einer wollte als Abschied mit mir auf ein Foto. Dieses wollte er seinen Eltern schicken, um ihnen mitzuteilen, dass sie nicht so viel arbeiten sollten und ihre (Traum)reisen JETZT machen sollten....(ich nahm dies als Kompliment).

So war ich also im Torres del Paine Nationalpark angekommen, meine zweitletzter Wunschort auf meiner 5,5 monatigen Reise. Dieser Park hatte mich vor 19 Jahren ''verzaubert'' und seitdem wollte ich unbedingt noch einmal hierher zurück und jetzt war ich hier!!! Zwei Orte wollte ich ''unbedingt'' sehen: Las Torres und die Cuernos del Paine. Aber das Wetter muss natürlich auch noch mitspielen. 

11.12.

Am Morgen ein bisschen Sonne, aber die Torres waren in Nebel eingehüllt und es hatte etwas Neuschnee gegeben. Doch entschieden, die gut 3 stündige Wanderung in Angriff zu nehmen. Da trifft man auf bekannte Gesichter: einer der Englischen Radfahrer von Villa O'Higgins war auf dem Rückweg. Er wollte den Sonnenaufgang sehen, hatte aber Schnee und Nebel gesehen....

Nach gut 1,5 Stunden erreichte ich das erste Refugio (Schutzhütte mit Restaurant, war vor 19 Jahren noch nicht so...). Es kam mir vor wie in einer Skihütte um 15 Uhr, so viele Leute, darum schnell weiter. Auf den vier nächsten Kilometern zu den Torres hatte ich die vier Jahreszeiten innerhalb von 1,5 Stunden: Schnee, Sonne, Wind, Nebel, kalt (fast immer!), nicht kalt, einfach Patagonien. Oben angekommen wollten sich die Türme noch nicht sehen lassen, aber der Wind wehte langsam die Wolken weg und ich hatte freie Sicht auf diese Granitblöcke!! Beim Abstieg kam mir wieder ein bekanntes Gesicht entgegen: Dick, der Radfahrer aus Nijmegen! Er machte einen eintägigen Trip mit dem Bus in den Park und wanderte ebenfalls zu den Torres.

Ein bisschen verfroren erreichte ich den Camping, eine heisse Dusche wärmte mich wieder auf und ich hatte müde Beine. Kann mir jemand erklären, warum Wandern so anstrengend ist und Radfahren nicht?

12.12.

Laut den Wettervorhersagen (http://www.windguru.cz) sollte es am 13.12. weniger Wind und mehr Sonne haben. Dies war ein Grund, um einen Tag zu warten, und erst am Sonntag mit Fahrrad und Gepäck Richtung Westen zu fahren, um die Cuernos zu sehen. Für meine müden Beine war dieser ''Ruhetag'' auch gut. Nur eine kleine Wanderung zur Laguna Inge und zurück gemacht und noch ein bisschen Highsociety-Luft beim Lunch im Hotel Las Torres geschnuppert....

13.12.

 So, heute sollte ich also ''meinen'' Berg wieder sehen. Seit 1996 war dies mein Wunsch gewesen, noch einmal beim Mirador del Cuernos zu sitzen und diese doch einzigartige Bergformation zu bewundern: Es ist aus, als hätte jemand mit dem Pinsel alle Gipfel schwarz angemalen!

Ja, und dieser 13.12. werde ich nicht so schnell vergessen. Vielleicht sind die folgenden Zeilen mehr für mich.... 

Wach wurde ich durch Vogelzwitschern, es war windstill und die Sonne schien! Was wollte ich mehr? Zuerst ging es 7km zurück zum Parkeingang, kein Wind. Darauf folgte ein ca 3 km langer, relativ steiler Anstieg. Es war Schotterstrasse mit Waschbrett, die Kurven waren mehr Steilwandkurven und das Fahren war oft unmöglich, dann halt stossen! Nach dem Anstieg wurde das Gelände offener und dann machte es WUSCH, und der Wind begann heftig zu blasen. Wenn ihr ein bisschen spüren wollt, wie das war: Schaltet einen Ventilator auf der Höchststufe an, steht ein paar Stunden davor und lasst Euch richtig durchwehen!! Ich hatte dann einen grossen Vorteil: ein wunderschönes Panorama um mich herum und mit jeder Radumdrehung oder mit jedem Schritt kam ich den Cuernos näher. Auch wenn der Weg hinunter führte, war es nicht unbedingt besser... und trotzdem kam ich vorwärts.

Nach knapp 6 Stunden erreichte ich nach 25 km die Cafeteria Pudeto, wo der Wanderweg zum Mirador startete. Vor 19 Jahren stand hier nur ein verlassenes Refugio, das ich zum Übernachten brauchte, und welches ich mit meinem Benzinkocher beinahe abgebrannt hätte. Ich erzählte dies der Besitzerin und sie will unbedingt ein Foto von diesem Häuschen haben (bedeutet Hausaufgaben zuhause). Die Frau meinte zudem, dass ich unheimliches Wetterglück hätte, denn gestern hätte es den ganzen Tag geregnet...

Dann ging es zu Fuss Richtung Mirador. Nach rund 45 Minuten kam ich an, niemand anders dort und ich hatte genau das gleiche Gefühl wie vor 19 Jahren: MAGIE!!! Schwierig zu beschreiben, wahrscheinlich auch nicht nötig....  

Auf dem Weg zurück zum Fahrrad 100 mal umdrehen und schauen, wie ''die Hörner'' aussehen.

Völlig losgelöst ging es Richtung Camping und weil die Strasse eine Kurve machte, hatte ich auf den letzten Kilometern Rückenwind!!!

Am Abend auf dem Camping dann ein kleines Schweizer Treffen mit zwei Paaren, die mit Mietautos reisen. Die Männer erwähnten, dass man mit dem Auto bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h das Holpern auf der Waschbrettstrasse nicht mehr spürt. Ich weiss nach heute, dass man das Holpern nicht spürt, wenn man das Fahrrad stösst.... es war trotz der Anstrengung ein SUPERTAG!!!

14.12. (Das wird wieder ein langer Bericht...)

Heute wollte ich via Südseite den Park verlassen und nach Puerto Natales fahren. Es sollte eine knapp 100 km lange Fahrt Richtung Osten werden und mein Wunsch ging in Erfüllung: der Wind blies immer noch aus Westen!! Ich hatte mich auf gut 80 km Schotterstrasse eingestellt. Als dann zwischendurch wieder mal gut 20 km Asfalt entlang des Lago del Toro kamen, nahm ich diese mit einem Handkuss. Etliche Stops und Zurückschauen auf die Cuernos waren dafür verantwortlich, dass die Fahrt länger dauerte, aber ich hatte ja Zeit, viel Zeit (und viel Rückenwind!)

Am frühen Abend erreichte ich die Hafenstadt Puerto Natales am Pazifischen Ozean! Sogleich roch ich wieder die Salzluft, herrlich. 

Auch hier wieder etwas Nostalgie. Ich wollte in das gleiche Hostel wie vor 19 Jahren: Casa Cecilia, geführt durch einen Schweizer und seiner Chilenischen Frau. In allen Reiseführern wird ihr selbst gebackenes (Schweizer)Brot gelobt. Bei meinem ersten Besuch war aber noch etwas lustiges passiert: als ich damals ankam, öffnete mir eine ehemalige Schülerin aus der Schweiz, die als Aupair arbeitete, die Tür.... Gestern war das Hostel ausgebucht, so musste ich für eine Nacht etwas anderes suchen.

15.12.

In der Zwischenzeit habe ich mich hier eingenistet, durfte den PC im Office für das Uploaden der Fotos gebrauchen und warte auf das Frühstück von morgen! 

Weiter ruhe ich mich hier aus. Die Wetterbedingungen sind doch ganz anders als in Nordamerika im Sommer. Ich verbrauche hier viel mehr Energie und esse dementsprechend viel mehr (Nestlé) Schokolade.

Wie geht es weiter? Ich habe eigentlich genügend Zeit, um noch weiterzufahren. Nächste Stadt ist Punta Arenas und dann geht es nach Feuerland und das Ende kommt in Sicht. Mein letzter Blog wird wahrscheinlich in ca 2 Wochen aus Ushuaia kommen, Endstation (EL FIN DEL MUNDO).

So, ich wünsche Euch eine möglichst stresslose (gelingt doch den wenigsten...) Vorweihnachtszeit.

Foto’s

3 Reacties

  1. André:
    15 december 2015
    Karin, err is alvast één leerling die reikhalzend naar jouw terugkeer voor de klas uitziet!
    Maar nog fijne laatste weken gewenst :-)
  2. Karin:
    15 december 2015
    Andre, heel erg benieuwd wie...
  3. Nitle:
    16 december 2015
    Ohh Karin, das treibt einem die Tränen in die Augen. Der Berg wollte dich eben nach 19 Jahren auch wieder sehen und hat sich dir gezeigt. Wir wissen, dass du im Element bist und freuen uns mit dir und auf dich