New Mexico - Colorado Teil 1

3 mei 2022 - Buena Vista, Colorado, Verenigde Staten

Hallo zusammen,

hier "endlich" ein Bericht von meinem ersten Teil meiner Reise. 

10./11. April 2022

Kurz nach Mittag verlasse ich mein Domizil zuhause und reise mit dem Zug (es war Sonntag, d.h. wieder ein "Puff" im Familienwagen der SBB) zum Flughafen Kloten. Im Gegensatz zum Dezember benötige ich dieses Mal nur noch einen Antigentest. Das Resultat bekomme ich nach 15 Minuten und so kann ich gleich zum Check-In Schalter von Swiss/Edelweiss/Lufthansa. Dort kaufe ich den Karton für mein Fahrrad, verpacke es, kann bereits einchecken und erhalte meine Boardingkarte für den nächsten Morgen. Ich habe dieses Mal einen früheren Flug nach München gewählt, damit ich etwas mehr Umsteigezeit habe (was sich im Nachhinein als richtig erwiesen hat....). Ich übernachte im IBIS Hotel, zwei Tram-Haltestellen vom Flughafen entfernt.

Mein Flug nach Denver dauert insgesamt 12,5 Stunden. Am coolsten finde ich, dass wir über Nordholland fliegen, und hätte ich einen Sitzplatz auf der anderen Seite, so könnte ich Castricum sehen. So muss ich halt mit Texel Vorlieb nehmen.

Pünktlich landen wir um 14.25 Uhr (Denverzeit) in Colorado. Ich bin etwas enttäuscht, dass dieses Mal ein anderer Zöllner meine Papiere kontrolliert, und nicht "mein Kollege" von den letzten drei Malen... Mein Gepäck ist schon auf dem Laufband, leider ist die Fahrraddose wieder beschädigt :(. Nach einigem Suchen finde ich meinen "Chauffeur" George, Don's bester Freund aus Denver. Er hat sich bereit erklärt, mich einerseits zum Busbahnhof zu fahren und andrerseits meine Fahrraddose in den nächsten drei Monaten aufzubewahren (und zu reparieren..). 

Abends um 18.45 Uhr geht die Reise weiter: die 10,5 stündige Busfahrt nach Hatch, New Mexico, auch schon bald eine Heimstrecke für mich.

12. April 2022

Pünktlich kommen wir in Hatch an. Ich mache mich daran, mein Velo zusammenzusetzen, als ich hinter mir eine mir bekannte Stimme höre: "Do you need a bigger pump?" Das ist Service, es ist Don. So fahre ich mit den ersten Sonnenstrahlen los Richtung Elephant Butte State Park. Ich merke sofort, dass mein Rad vor der richtigen Tour noch einen Service nötig haben wird, um die Schaltung wieder einzustellen.....

13. - 18. April 2022

Diese Tage verbringe ich zusammen mit Don im Elephant Butte State Park. Don hat dort den Winter verbracht, wie immer in seinem Wohnwagen (und zwar in einem Wohnwagen nach "europäischen" Normen). Wir sind praktisch den ganzen Tag draussen in der Natur, geniessen die hohen Tagestemperaturen (- 30 Grad), fordern uns in Domino heraus, und ich lasse mich vor allem kulinarisch verwöhnen! 

Ein Bikeshop in Truth or Consequences hat meine Gangschaltung auch wieder optimal eingestellt, so dass ich zweimal eine Tour ohne Gepäck mache. Bei beiden Touren merke ich, dass der Wind eine entscheidende Rolle spielen wird und meine Tagesetappen beeinflussen kann.

19. April 2022

Heute geht es "richtig" los. Mein erster Teil dieser Reise soll mich nach Buena Vista (Colorado) führen. Da ich nicht entlang der Hauptroute (Rio Grande Valley) fahren will, wird es etwas länger dauern. Dafür hoffe ich natürlich auf tolle Landschaften, nette Leute und viel Rückenwind.

Um 8 Uhr geht es los. Schon schnell merke ich, dass der dritte, obengenannte Punkt heute nicht in Erfüllung gehen wird. Es bläst ein heftiger Gegenwind. So wird es eine Fahrt mit vielen kurzen Stopps. Zudem überwinde ich einen Pass, was das Ganze auch nicht leichter macht. Nach gut 50 km erreiche ich das Städtchen (?) Winston. Im General Store kaufe ich mir Chips und Dr. Pepper und lese eine Weile an einem windgeschützten Ort. Da ich nicht genau (oder überhaupt nicht) weiss, wo ich übernachten werde, fülle ich meinen 6 Liter Wassersack. So werde ich für den morgigen Tag sicher genug Wasser bei mir haben.

Ich fahre etwa 8 km weiter und entdecke eine grosse Farm. Ob ich hier mein Zelt für eine Nacht aufstellen darf? Ich komme beim Haus an, es steht ein Auto da, also könnte jemand zuhause sein. Der einzige Anwesende ist ein "Pinscherhund". Als er mich sieht, zieht er den Schwanz ein und verschwindet im Nirgendwo. Auch bei den Pferdeställen stehen Autos. In einem Anhänger warten zwei gesattelte Pferde, die gerne nach draussen möchten.. auch nach mehr als einer Stunde lässt sich niemand blicken. So entscheide ich weiterzufahren und irgendwo an einem geeigneten Ort mein Zelt dann aufzustellen. Diesen Ort finde ich nach einigen Kilometern und im Beisein einer Kuhherde (zum Glück ist ein Zaun dazwischen) stelle ich mein Haus auf. Zum Kochen ist es viel zu windig. Die Nacht ist kalt, zum Glück habe ich meinen dicksten Schlafsack dabei.

20. April 2022

Um 7.45 Uhr bin ich bereit für den heutigen Tag. Ich habe ein Wunschziel, das "National Radio Astronomy Observatory VLA" in der "Pampa". Laut Karte hat es auf der ganzen Strecke dorthin 4 Farms. Ob diese noch bewohnt sind, werde ich sehen... Nach 5 km verlasse ich den Asphalt und dann ist immer die erste Frage: "Schotter, Sand, Steine oder von allem etwas?" Es hat von allem etwas, und dazu kommt ein Seitenwind, der immer stärker bläst. In diesen Momenten denke ich dann: "Wie weit komme ich heute wirklich?" Ich habe alles bei mir, also keine Panik :). 

Bei einer längeren Mittagspause hält ein Ranger des "National Forest Service" bei mir an. Als erstes entschuldigt es sich, weil er mit seinem Auto so viel Staub verursacht....gibt mir zusätzlich zwei Flaschen Wasser und wünscht mir: "A safe trip in the US". Er ist wegen den vielen aktuell herrschenden Waldbränden unterwegs.

Nach dem Erreichen des höchsten Punktes meiner heutigen Fahrt auf 2200 m.ü.M. realisiere ich, dass der Wind jetzt von hinten bläst, mit unveränderter Kraft, JUHUI! Somit kann ich bis zu meinem "Ziel" fahren. Ich habe zwar keine Idee, was mich dort erwartet, aber irgendwie gibt es sicher eine Möglichkeit zum Übernachten. Die unzähligen Teleskope sind schon lange  in den "Plains of San Agustin" zu sehen.

Beim Eintritt auf das Areal zwei deutliche Infotafeln:"Only for employees" und " No public access". Naja, dann trotzdem hin und hoffen, dass ich jemanden finde. Es stehen auch hier viele Autos herum; in zwei Gebäuden sehe ich Licht. Nach einiger Zeit treffe ich Juan, den Security Guard. Er ist Mexikaner und verdient hier als Nachtwächter sein Geld. Er erklärt mir, dass das Gelände für Gäste immer noch geschlossen ist (auch das Visitor Center), will mir aber beim Finden eines Schlafplatzes behilflich sein. Schlussendlich darf ich beim Picknickplatz mein Abendessen kochen/essen, und anschliessend mein Zelt auf dem Parkplatz beim Eingang aufstellen. Kurz vor dem Einnachten steht mein Haus und Juan verabschiedet sich aus seinem Pickup mit einem "Daumenhoch".

Trotz der Anstrengung ein supercooler Tag! 

21. April 2022

Nach dem "schotterigen" Tag gestern heute alles Asphalt. Nach 31 km komme ich wieder mal bei einem "angeschriebenen" Haus in Datil an: Tankstelle, Einkaufsladen, Restaurant, Camping und WIFI. Ich bleibe dort zwei Stunden, bevor ich Richtung Pie Town aufbreche. 

Auf dieser Fahrt verändert sich die Landschaft: die Steppenlandschaft von gestern verändert sich in Waldlandschaft. Kurz nach Datil entdecke ich auf der linken Seite Rauch. Und ich sollte mich nicht täuschen: Auf den nächsten 36 km nach Pie Town begegne ich unzähligen Feuerwehrautos. Leider auch hier einer der vielen Waldbrände.....

Pie Town liegt an der Strecke des Fernwanderweges "CDT" (Continental Divide Trail). Dieser Trail führt von Antelope Wells (Grenzort zu Mexiko) nach Banff (Kanada). Zusätzlich gibt es den GDMBT, den "Great Divide Mountain Bike Trail". 2015 bin ich Teile davon in umgekehrter Richtung gefahren und habe noch Karten davon.

In Pie Town übernachte ich im "Toaster House". Ich treffe dort auf zwei Hiker: "Just Susan" und "Tinker". Leider sind beide körperlich angeschlagen und ich denke, dass Susan ihre Wanderung in Pie Town beendet hat. Das Haus ist voll von Postpaketen, die Hikers im voraus schicken, um dann ihre Essensvorräte wieder aufzufüllen. Wir verbringen einen geselligen Abend zusammen und Jefferson, der Host, kocht uns ein feines Abendessen. Obschon ich im Haus übernachten könnte, ziehe ich es vor, mein Zelt im Garten aufzustellen. Gerne bezahle ich $20. - als Spende für diese Halbpension.

22. April 2022

Um 8 Uhr verabschiede ich mich von der illustren Gesellschaft und mache mich auf mein heutiges Abenteuer. Die Wettervorhersage gibt Windgeschwindigkeiten bis zu 80 km/h an aus südlicher Richtung. Ich fahre Richtung Nord... 

So rase ich zuerst 52 km über Sandpisten und Schotterstrassen auf der GDMBT Route. Der Wind lässt praktisch keine Pausen zu.....Nach dem Erreichen der Asphaltstrasse (Hw 117) geht es durch das "El Malpais National Monument", ein Naturgebiet aus alten Vulkanen auf der linken Seite und skurrilen Gesteinsformationen auf der rechten Seite, die ich von Utah kenne. Mit 60 km/h auf flacher Strasse fliege ich durch die Landschaft! So zeigt der Kilometerzähler am Nachmittag bereits 105 km an, wenn ich den Interstate 40 erreiche. Hier führt auch die Route 66 durch. Nach einem "Subway" Stopp will ich das Gefühl eines Motorradfahrers auf dieser legendären Strasse voll geniessen. Aber es kommt anders: Dreht man sich um 90 Grad, dann wird der Rückenwind zum Seitenwind..... und leider hat die Strasse auf den letzten 10 Kilometer bis Grants keinen "Shoulder" (Pannenstreifen oder für mich Radstreifen). Somit werde ich von einem Biker zum Hiker, ich schiebe das Rad mehrheitlich nach Grants. Irgendwann komme auch ich dort an und gönne mir ein Motel. Unvergesslicher Tag! 

23. April 2022

Auch heute kann ich meine Karte von 2015 benutzen. Aber zuerst kaufe ich einiges ein, weil ich bis morgen in keinem grösseren Ort sein werde. Auffallend ist, dass die Leute hier (vor allem Navajo Indianer) in den Läden noch Masken tragen, hätte ich nicht gedacht.

Wieder habe ich mir ein Ziel gesetzt: White Horse Lake, ein kleiner Ort im Indianer Reservoir. Die Fahrt heute ist sehr abwechslungsreich. Etwas überrascht bin ich, wenn ich die Eisenbahnlinie sehe. Später erkenne ich den Grund: die Kohle aus der Mine wird so aus dem Gebiet wegtransportiert.

Nach knapp 90 km erreiche ich den "Ort". Ein Ehepaar bestätigt mir, dass beim Senior Center/Church ein Platz zum Übernachten sei. Ansonsten dürfe ich bei ihnen im Garten mein Zelt aufstellen. Sie würden später am Abend zurückkommen. Bei meiner Inspektion beim Center vergesse ich den streunenden Hund.....er findet Gefallen an meinem stoffigen Lunchsaeckli (hat mir Mutti vor 30 Jahren für meine erste Reise genäht) und verewigt sich mit seinen Eckzähnen in einer meiner Vortaschen.

Dennoch ist dieser Ort zum Übernachten geeignet. Ich kann an einem windgeschützten Ort kochen, habe einen Tisch, finde einen guten Platz für das Zelt und es hat sogar eine "Ladies-Toilette". Die "Men-Toilette" hat es umgeweht, ist also jetzt ein Freiluftort.

Es ist die kälteste Nacht bisher. Gut, dass ich die warme Jogginghose trage. Die Mütze sitzt sowieso immer auf meinem Kopf.

Liebe Leute

meine PC-Zeit in der Library läuft beinahe ab. Der Rest kommt ein anderes Mal.

Häbets guet! Bis denn! Es geit mir sehr guet, Öich hoffentlich o!

Foto’s

3 Reacties

  1. Marion:
    3 mei 2022
    Lieve Karin, wat een mooi verhaal en heerlijk om te lezen! Dat zijn mooie dingen die je ziet onderweg en aardige mensen!
    En koud zo nu en dan🥶
    Kijk weer uit naar je volgende mail.
    Veel fiets plezier.
  2. Lorenz:
    4 mei 2022
    Liebe Karin, ein packender Reisebericht, der einen Fernweh verleiht. Danke für‘s Teilhaben. Ich habe Lust mehr davon zu lesen. Viel Spass und „häb Sorg“. Liebe Grüsse, Lorenz Baur
  3. Marlise:
    5 mei 2022
    Hallo Karin ich habe gerade deinen spannenden Bericht gelesen. Toll ich sehe di geniesst es und bist fleissig am Velofahren. Freue mich schon auf weitere Reiseberichte.
    Gute Reise und pass auf Dich auf liebe Grüsse Marlise u Üelu