23. - 29. August

Hallo zusammen,

Vielen Dank für all Eure Reaktionen! 

Auch in dieser Woche hat es wieder viele Überraschungen und ''Zufälle'' gegeben. Irgendwie habe ich manchmal das Gefühl, dass ich träume und dass plötzlich um 6.45 Uhr der Wecker geht und ich zur Schule muss....

23.8.

Sonntag in Steamboat Springs: Ich konnte eine sehr gute Recreation Map von Colorado mit Zeltplätzen, Reliefangaben etc finden. Für die nächste Zeit kann ich wieder sorgenlos weiterfahren! Wie Ihr dann sehen könnt, mache ich eine Tour de Colorado.

Weiter hatte ich mich kulinarisch wieder mal auf die Höhe gebracht in einem Mexikanischen Restaurant, und hatte mir wie bereits angedroht, eine Kurpackunge andere Farbe auf die Haare geschmiert..... die Frage mit dem ''retired'' ist leider geblieben

24.8.

Die heutige Etappe sollte mich von Steamboat Springs über den ''Chüngeliohrenpass'' (Rabbit Ears Pass 9426 ft) auf dem Highway 40 Richtung Südosten führen. Zum Glück hatte es nicht viel Verkehr, obschon dies die Hauptstrasse nach Denver ist. Auf der gedownloaden Karte konnte ich mich auch schon auf die Höhenmeter einstellen. Was ich aber übersehen hatte, war, dass dieser Pass zwei Übergänge (wahrscheinlich eben die zwei Ohren...) hatte, einen East und einen West Summit. Dazwischen liegt eine Art Hochebene. Nach 40 km hatte ich den West Summit erreicht und in der Ferne konnte ich dann noch den Rabbit Ears Peak mit den zwei echten Ohren sehen. Von da an ging's nur noch runter, und zwar auch wieder rund 40 km, und mit Rückenwind!! Die Landschaft wurde zum Teil wieder hügeliger. Beim Wolford Mountain Reservoir hatte es einen Zeltplatz. Speziell war, dass jede Parzelle einen gedeckten Picknicktisch hatte, dieses Mal nicht gegen den Regen, sondern als Schattenspender. Als Duschenersatz badete ich im See. Ich unterhielt mich noch mit 5 Amerikanern, die vom Fischen zurückkamen: Fürs Abendessen wirds nicht gereicht haben: 1 Fisch war die Ausbeute!

25.8.

In den nächsten zwei Tagen wollte ich zum 95 km entfernt gelegenen Timber Creek Campground im Rocky Mountain NP fahren. Wo ich übernachten wollte, plante ich nicht, weil es unterwegs verschiedene Zeltplätze hatte. Warum nicht in einem Tag? Weil am 27.8. dann die ''schwere'' Etappe über die Trail Ridge Road auf dem Programm stand und ich "ausgeruht" diesen Pass in Angriff nehmen wollte.

Der Morgen begann mit einer 10 km langen Abfahrt nach Kremmling, wo ich auch wieder mal Nachschub einkaufen konnte. Durch ein offenes, breites Tal ging's immer noch auf dem Hw 40 weiter. Unterwegs noch schnell einem Hitchhiker viel Erfolg gewünscht. Wahrscheinlich hatte es geholfen, kurz darauf winkte mir jemand aus einem Auto zu!

Noch immer im Tal dann eine Leuchttafel:''Wildfire ahead, don't stop in the canyon''. Canyon? Ja, zum ersten Mal durch einen Colorado River Canyon (der Abschluss meiner Reise wird dann wahrscheinlich der Grand Canyon sein..). Kurz nach der Tafel hält ein Auto an. Die Fahrerin bot mir an, mich und das Bike in ihrem Auto durch den Canyon zu fahren ... Ich wollte erst selber schauen, wie es aussah, aber doch sehr aufmerksam wieder mal! Und ehrlich gesagt, mein ganzes Gepäck hätte wohl kaum Platz gehabt...

Bevor ich den Canyon erreichte, fuhr ich ca 2km durch eine schwarze, vollständig zerstörte Landschaft. Ab und zu sah man noch Rauch aufsteigen. Im Canyon selber dann viel Feuerwehr, die auch mit Helikoptern versuchten, die letzten Flammen mit Wasser aus der Luft zu löschen.

Nach der Durchfahrt durch den Canyon erreichte ich optimal zur Lunchzeit den Ort Hot Sulphur Springs. Immer wieder lustig die verschiedenen Aussprachen von Leuten. Heute wünschte mir die Serviertochter mit:'' Here is your meal, Sunshine'' einen guten Appetit.

Nach dem Essen hatte ich eigentlich noch vor, etwas weiter zu fahren, aber es kam wieder mal anders.

Ich wollte mich gerade aufs Rad schwingen, als ein ''wilder Typ'' (am nächsten Morgen kam ein Marihuanarauch aus dieser Ecke) auf einem Fahrrad auf mich los kam und meinte:'' I think a friend of you is on the campground. Are you cycling alone?'' Er wusste sogar meinen Namen... ich hatte so eine Idee, wer es sein könnte und da ich ja immer noch ziemlich neugierig bin, ging ich schauen. Ja, es war Don aus Denver, den ich vor 6 Tagen am Saratoga Lake getroffen hatte.

So kam es, dass Hot Sulphur Springs Endpunkt meiner heutigen Etappe war und der ''Bärenjäger'' schmeckte auch heute sehr gut!

26.8.

Die heutige Etappe führte mich in den Rocky Mountain NP. Es ist mir fast etwas peinlich, zugeben zu müssen, dass ich bis vor etwa 3 Wochen nicht mal wusste, dass es diesen Park gibt....

Die Umgebung wurde wieder ''waldiger'', ''bergiger'', seeiger''. Das gefiel mir sofort. Vor dem Parkeingang noch schnell das Handy auf SMS checken und eine letzte Energiebombe (Muffin) essen. In den Parks selber sind die Einkaufsmöglichkeiten sehr beschränkt.

Etwa 8km weiter, ich hatte schon den Parkzugang für eine Woche bezahlt, dann ein Fotostop. Und was sehe ich? Kein Handy in der Steuertasche!!! Liegen gelassen im Laden... Maxima würde sagen:''dit was een beetje dom''. Ja, da gab's eigentlich nur eins: Zurück, aber wie? Am Himmel braute sich ein Gewitter zusammen, der Wind wäre für den Rückweg ideal gewesen, aber ich hatte eine andere Idee: ich stellte mein Bike bei einem Parkplatz hin und dachte: ich probiers mal mit Autostop. Das erste Auto, das kam, hielt auch gerade an: Eine Parkrangerin! Ich erklärte ihr, warum ich am Strassenrand stehe. Fragte sie:''Is this an emergency?'' Eigentlich schon.... Was machte sie? Telefonierte aufs Hauptbüro, dass sie eine Taxifahrt machen würde, rief auch noch den Laden an, ob das Handy dort sei (und es lag noch am gleichen Ort.....) und fuhr mich hin und zurück wieder zum Bike. Besser aufpassen oder das nächste Mal doch keinen ''Bärenjäger'' mehr trinken... Ende gut, alles gut.

Den Zeltplatz erreichte ich dann ohne weitere Hindernisse!

27.8.

Ja, das war dann wieder einer der Tage, die ich nicht so schnell vergessen werde: trotz den wechselnden Wetterumständen ein absoluter Toptag! Wer diese Route schon gefahren ist, kann dies sicher bestätigen, und den andern empfehle ich einfach, diese Route mal zu fahren!

Der Startpunkt beim Zeltplatz auf ca 2700 m.ü.M. 5 km das Tal hinauf, dann 8 Haarnadelkurven, nach 12 km der Milner Pass (3279 m), die nächsten 7 km bis zum Alpine Visitor Center (3595 m) entlang der Bergflanke. Bei meiner Ankunft begann die Sonne zu scheinen(...), ein unheimliches Panorama. Nach einem Chili Dog, Kaffee und Muffin ging's weiter: Nach knapp 2 km der höchste Punkt dieser Strasse (übrigens die höchstgelegene durchgehende Strasse in Nordamerika, wusste ich vorher auch nicht. Ich kam auf die Idee, weil diese Strasse im Winter geschlossen ist, das ist im Sommer immer interessant!) auf 3713 m. Die nächsten 15 km ein ständiges Auf und Ab auf einem Bergrücken. Links und rechts eine wunderschõne Berglandschaft mit Tundravegetation. Die folgenden 16 km ging's dann wieder hinunter, mit einigen Fotostops. GRANDIOS!

Ich musste auch die Zeit nehmen, für ein paar Fotoshootings...., und ''Interviews'' unterwegs. Einer wollte sicher sein, dass ich keinen Motor in meinem Bike eingebaut hatte. (Das bleibt ein Geheimnis zwischen Fabian Cancellara und mir...)

Ich erreichte völlig ''high'' (ohne Marihuana) den Moraine Park Campground. 

Es tönt schon fast ein bisschen unglaublich, aber: ich hatte keine Sekunde Probleme mit der Höhe oder mit Kopfweh und die Beine waren auch nach diesem Tag noch fit.

28.8.

Ich wollte unbedingt mehr sehen von diesem NP, darum eine Wanderung!

Als ich zum Zelt raus kam, war eine Herde Elks rund um mein Zelt auch am Frühstücken.

Bevor's los ging, musste ich noch für die zweite Nacht den Camping bezahlen. Ich ging zur Rangerin, sie meinte:'' Can I make you a deal? I give you the next night for free.'' Ich war einverstanden, fragte mich aber doch ab, warum ich jetzt schon wieder etwas geschenkt bekomme... Sie meinte, ich hätte ''nur'' einen Platz auf Waldboden (und nicht parzelliert). Ich kann euch sagen, dass ich diese Plätze viel lieber habe, weil ich dann keinen Stein (oder 3 tägigen Bagel) nötig habe, um die Heringe einzuschlagen.   

Es war eine Art Duathlon heute: zuerst 14 km die Strasse hinauf zum Bear Lake, von dort aus eine 4 stündige Rundwanderung zu den Nymph - Dream - Emerald - Haiyaha Lakes und dann natūrlich wieder mit dem Bike zurück zum Zelt. Ich glaube, die Fotos sagen genug!

Ein halb Dutzend mal wurde ich unterwegs angesprochen, ob ich gestern mit dem Fahrrad über den Pass gefahren sei.... Ein fragte:'' Are you the bicycle lady?'' Nachdem ich wieder etwas über meine Reise erzählt hatte, meinte er:'' I quit my job and will join you''.... ja, so einfach geht dies natürlich nicht.

Auch dieser Tag wird mir in sehr guter Erinnerung bleiben.

29.8.

Ich sitze in einem Restaurant in Estes Park, ein Touristenort der ''ersten'' Klasse..... In der nächsten Zeit werde ich mich wahrscheinlich mehr vertikal als horizontal bewegen, es stehen einige Pässe vor mir. Nach vorgestern muss ich sagen: Es schmeckt nach mehr, und wenn ich mal genug habe, nehme ich die Karte und passe die Route an, so einfach.

Ich wollte mich heute kurz fassen, ist wieder nicht gelungen...Das war's für heute, jetzt noch die Fotos. Ich glaube, dass ich dann näher bei der Steckdose sitzen muss, das grüne Lämpchen wird immer kleiner.

Liebe Grüsse und tschüss